Peace to the (Motor)world

Eingetragen bei: Uncategorized | 0

Den Bulli gepackt, vielleicht ein paar Freunde – und los geht es in die große Auszeit oder das neue Leben. Vielleicht nach Marokko; vielleicht über Syrien und den Irak oder durch den Iran nach Afghanistan, Pakistan, Indien, Nepal oder Bangladesch. Manche schafften es bis China, Sri Lanka oder Thailand. Einmal Kabul und zurück, 14.000 Kilometer für weniger als eine Tonne Kohlendioxid pro Person. Hat damals kaum jemand drüber nachgedacht. Auf dem Hippie-Trail ging es um Abenteuer, Gastfreundschaft, Kultur, Selbstfindung oder -benebelung.


Heute geht es um ein Leben in Sicherheit und um wirtschaftliche Perspektiven. Die suchen Menschen aus vielen dieser Länder in Europa, ein paar Ölkrisen, Revolutionen und (Öl-)Kriege später. Seit Beginn der „Flüchtlingskrise“ bemühen wir uns, das Zusammenleben zu gestalten und Perspektiven zu schaffen, suchen nach Gemeinsamkeiten. Viele von uns – naja, hauptsächlich die Männer – können sich für Motorsport, Ingenieurskunst oder Karosseriedesign begeistern. Benzin im Blut, nostalgische Gefühle und so. Also lassen wir uns am 29. Februar sachkundig, sympathisch und rheinländisch-weltoffen durch die Motorworld-Ausstellung auf dem historischen Flughafen „Butzweilerhof“ in Köln führen. Wir haben eine gute Zeit, staunen oder schütteln den Kopf über Luftfahrt-Geschichte, PS-Boliden, die Michael Schumacher Collection, Drive-In-Hotelzimmer mit gläsernen Garagen – und Oldtimer. Darunter ein VW T1 „Samba“. Kein anderer Fahrzeugtyp ist so fest verschweißt mit dem Friedenszeichen und großen Hoffnungen.

Mit so einem Kleinbus von Köln nach Kabul – freiwillig? Wer als afghanischer Kriegsflüchtling unter den Repressionen des iranischen Regimes aufgewachsen ist, es unter dem Radar nach einmonatiger Odyssee mit Bus, Boot und zu Fuß nach Weilerswist geschafft hat, um nach vier Jahren Bangen um die Aufenthaltsgenehmigung eine Ausbildung zu beginnen, mag sich das kaum vorstellen. Wir auch nicht. Viele von uns reisen lieber mit dem Flugzeug. Günstig und bequem, in vorzugsweise sichere – oder gut bewachte Urlaubsregionen. Einmal Kanaren und zurück, 7.400 Kilometer für 1,5 Tonnen Kohlendioxid pro Person. Denken viele immer noch nicht gern drüber nach. Es geht um Luxus.


Globale Zusammenhänge

All das scheint furchtbar lange her. Die automobile Freiheit findet maximal auf dem eigenen Kontinent statt, in der Corona-Krise nur noch vor der eigenen Haustüre. Dafür aber in großer Zahl: Weltweit gibt es rund 1,2 Milliarden Fahrzeuge, jedes Jahr werden es 100 Millionen mehr. Einmal zum Supermarkt oder zur Arbeitsstelle und zurück – wer denkt bei so kleinen Strecken schon über Kohlendioxid nach? Es geht um Zeitgewinn, Bequemlichkeit oder fehlende Alternativen.

Die UN vermutet, dass der Klimawandel zum Hauptfluchtgrund werden könnte – jedenfalls indirekt durch Konflikte und Naturkatastrophen – und rechnet mit 250 Millionen bis hin zu einer Milliarde Geflüchteten bis Mitte des Jahrhunderts weltweit. Natürlich ist nicht allein der Autoverkehr für die Klimakrise verantwortlich. Effektiv trägt er nur elf Prozent zum globalen Kohlendioxid-Ausstoß bei. Viel größere Verursacher sind die Industrie, die Bauwirtschaft und die Energiewirtschaft. Also vielleicht die, die Autos bauen, Drive-In-Hotels errichten, beheizen und klimatisieren. Können wir ja mal drüber nachdenken, wenn wir schon gerade nicht auf Achse sind. Es geht schließlich um uns. (cg)


Das Projekt „4U“ der Flüchtlingsinitiative Weilerswist e.V. wird finanziell vom Erzbistum Köln im Rahmen des Programms „Neue Nachbarn“ unterstützt.